Umso feiner gemahlen wird, desto eher entstehen Agglomerate von Kaffeepartikeln im Mahlgut. Das Entstehen von Klümpchen ist also vor allem bei Espresso ein Problem. Durch die Weiss Distribution Technique versucht man, diese aufzubrechen, um eine gleichmäßigere (und dadurch höhere) Extraktion zu erreichen.
Wie und ob das funktioniert, und wo man diese Technik noch einsetzen kann, ist Thema dieses Beitrags.
Eine Digitalwaage gehört heutzutage zur Standard-Ausstattung jedes ambitionierten Home-Baristas. Vor 20 Jahren vertrauten die Baristas auf ihr Gefühl, wie in David Schomer´s „Techniques of the Barista“ zu sehen ist. Die Mühlen hatten keine Zeiteinstellung, es wurde so lange gemahlen, bis der Siebträger voll war. Alleine das „grinding by the cup“,d.h. für jeden Shot einzeln mahlen, war eine Revolution. In den Zeiten vor Leveller und WDT wurde der Kaffee durch spezielle „Streichtechniken“ verteilt ( ab 6:00min). Schon damals war eines der Ziele dieser Technik das Zerbrechen der Klümpchen. Dies gelang aber nur oberflächlich.
Auch die Extraktion wurde optisch beurteilt: „Don´t look at the cup, look at the coffee”. Das Ziel war, einen möglichst schönen Shot (am besten mit Tiger Stripes) mit möglichst viel Crema zu erreichen. Dazu wurden die Siebe - nach heutigen Maßstäben - maßlos überfüllt, Dosierungen jenseits der 20g waren keine Seltenheit. Warum diese Shots mit den heutigen Espressi geschmacklich nicht mithalten können, erklärt der ehemalige Barista-Weltmeister James Hoffmann in einem Youtube-Video.
John Weiss, damals Mitglied in einem Kaffeeforum, erkannte diese Probleme und versuche mit einem Zahnstocher die Klümpchen im Kaffee aufzubrechen. Später bastelte er sich ein kleines Tool aus Akupunkturnadeln, das erste „Weiss Distribution Tool“. Schon bald entwickelte er Techniken, durch die die WDT effizient gestaltet wird.
Die WDT sollte aber vorerst nur in Foren kursieren und von einigen Homebaristas angewandt werden. Für Cafés war die Technik impraktikabel, da zu zeitaufwändig. Erst seit wenigen Jahren erfreut sich WDT immer größerer Beliebtheit.
Der Grund: Die Extraktion wird durch WDT enorm erhöht. (Unter Extraktion versteht man, wie viel vom verwendeten Kaffee gelöst wird und in der Tasse landet. Z.B.: 20% Extraktion bei 20g Kaffeemehl: 4g „gelöster“ Kaffee kommt in die Tasse.)
Das WDT Tool bietet hier eine höhere Extraktion als Levellingtools oder auch das Klopfen gegen den Siebträger. Wer das genau wissen will: Barista Hustle hat dazu einen Artikel geschrieben.
Sie können das natürlich auch selbst testen: 10 Shots mit „glattklopfen“ und Tampen, 10 Shots mit Levelling Tool, 10 Shots mit WDT (Parameter wie Kaffeemenge, Brühverhältnis, Mahlgrad bleiben bei allen Gruppen gleich). Man wird feststellen, dass die Shots mit WDT die längste Zeit pro Shot benötigen. Dies liegt daran, dass bei sorgfältiger Vorbereitung mit WDT keine „Channels“, durch die der Kaffee mit weniger Widerstand fließen kann, entstehen.
Ein interessantes Experiment hat dazu auch der Kaffee-Blogger „The Real Sprometheus“ durchgeführt. Das Experiment war grundsätzlich gleich aufgebaut wie oben. Bei den Shots, bei denen „getapped“ und getamped wurde, zeigte sich eine Extraktion von 19,08-20,69%. Die Schwankung zwischen den Shots war somit groß. Die Extraktionswerte bei den Leveller-Shots betrugen 18,90-19,49% und waren damit deutlich niedriger als die der Gruppe davor. Die WDT-Shots waren mit Extraktionswerten von 20,00-20,11% absoluter Spitzenreiter.
Das Duomo Coffee Distribution Tool, welches sich wie ein Leveller auf den Siebträger aufsetzen und drehen lässt, erzielt sogar noch etwas bessere Ergebnisse. Damit wird WDT auf für Kaffeehaus-Einsatz realistisch.
Viele Kaffee-Freaks sind sich daher einig: WDT funktioniert. Eine höhere und gleichmäßigere Extraktion kann dementsprechen erreicht werden. Umgekehrt gesagt, kann man mit etwas weniger Pulver ein gleich intensives Ergebnis erreichen. Somit entsteht durchaus auch ein Business Case für gewerbliche Betriebe.
Wie es sich für Kaffee-Freaks gehört, wurde sofort nach weiteren Einsatzmöglichkeiten dieser Technik gesucht und gefunden: Wet Weiss Distribution Technique (WWDT)
Auch im Filterkaffee erwartete man sich, mit der WDT die Extraktion zu erhöhen. Bringt man das Kaffeemehl im „Slurry“ (Kaffeemehl+Wasser im Dripper) in Bewegung, so erhöht sich die Extraktion. Dies geschieht beispielsweise durch Kreisen des Drippers, wodurch das Wasser und der Kaffee in Bewegung kommen. Weiters wird häufig ein Löffel zum Durchmischen des Slurry verwendet. Alle diese Techniken verwendet man vor allem im ersten Aufguss, dem „Bloom“. Oft bleiben bei diesem einige der Kaffeepartikel trocken. Durch Rühren, Kreisen oder WDT sollen auch diese nass werden, um eine gleichmäßige und hohe Extraktion zu garantieren.
Barista Hustle hat in deren Experiment einen Tricolate-Brewer (ein sog „Zero-Bypass-Brewer“, d.h., dass Wasser nicht am Kaffeemehl vorbeilaufen kann) verwendet. Die Extraktion durch WWDT hat sich von 21,66% auf 23,33% erhöht. Die Brühzeit verlängerte sich nicht maßgeblich. Das Problem beim „swirling“ ist, dass nicht alle Kaffeepartikel erfasst werden. Es bleiben kleine Kammern, an denen Kaffee noch nicht nass geworden ist, übrig. Das Rühren führt hingegen zumeist dazu, dass der Filter verstopft, wodurch die Extraktionszeiten verlängert und der Kaffee bitter wird.
The Real Sprometheus auch bei Brewern mit Bypass (Kalita und V60) getestet. Das Ergebnis:
Ein Nutzer hat die Erkenntnisse daraus in einem Kommentar perfekt zusammengefasst:
Die WDT sollte also auch unbedingt für Filterkaffee probiert werden!
Worauf sollte man beim Kauf (oder beim Basteln) eines Weiss Distribution Tools achten?
Man hört immer nur von den Erfolgen – doch Fehlversuche gibt es auch hier:
Barista Hustle hat es auf die Spitze getrieben: Wenn WWDT so gut für Filter funktioniert, warum dann nicht auch für Espresso? Die Ergebnisse waren ernüchternd.
Für das Experiment vermischte man das Kaffeemehl mit heißem Wasser, führte WWDT durch und komprimierte den Puck anschließend. Damit der Tamper nicht am nassen Kaffee kleben bleibt, hat man den Tamper mit Folie geschützt. Die Shots waren in wenigen Sekunden aus dem Siebträger geschossen und blieben unter 20% Extraktion, egal wie fein man mahlte und wie hoch das Brühverhältnis war.
Dass der Kaffee bei nassem Kaffeemehl so schnell durch den Siebträger schießt, hat zwei maßgebliche Gründe:
Das Weiß Distribution Tool hat einen langsamen Start hingelegt, aber in den letzten Monaten einen großen Boom erlebt. Und auch in der Kaffeebranche ist ein Trend angekommen: Kaffee-Influencer und deren Versuche machen neue Tool populär. Und deren Messung zeigen deutlich die Vorteile der Verwendung. Wir sind gespannt, ob sich das WDT Tool vorwiegend für ambitionierte Home-Baristas relevant bleibt oder sich auch im professionellen Bereich durchsetzt.
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