Im vorherigen Artikel haben wir über die Kaffeekultur allgemein in Südkorea berichtet. Nun wollen wir auch über die beeindruckenden, lustigen, spannenden und manchmal auch enttäuschenden Erfahrungen in einzelnen Cafés schreiben.
Der Kaffee im Lokal der aktuellen Weltmeisterin war wirklich extrem gut. Wir sind aber auch auf eine Touristenfalle und einen Marketing-Gag reingefallen. Doch dazwischen hatten wir sehr viele tolle Erlebnisse.
25 Millionen Menschen leben im Großraum Seoul. Da kann man als Besucher in ein paar Tagen auch nur wirklich einen Mini-Teil der Stadt kennenlernen. Wir haben uns vorwiegend in Myeong-dong und Hongdae-ap aufgehalten - das erste liegt sehr zentral und das zweite ist ein Universitäts-, Kunst und Gourmet-Viertel.
In beiden Stadtteilen ist die Auswahl an Cafés unüberschaubar. Das erste Röster-Café, über das wir gestolpert sind, war "'52 lab". Der Inhaber selbst hat Kaffee zubereitet und mit uns gequatscht. Hinter der Bar steht eine dreigruppige Slayer (Maschinen-Fans bleibt da der Mund offen). Die Zubereitung erfolgte mit extremer Präzision: Wiegen jeder Portion, sortfältiges Tampen und wohl eine gute Einstellung der Maschine. Das Ergebnis war gleich überzeugend. Als der Inhaber hörte, dass wir aus Österreich sind, überraschte er uns noch mit einem "Einspanner" - also eine koreanische Variante des Wiener "Einspänners". Wir waren sehr überrascht, dass dieses Getränk angeboten wird. In den folgenden Tagen bemerkten wir, dass der Einspanner ein sehr weit verbreitetes Angebot ist.
"Fritz Coffee Roaster" wurde vom ersten Koreanischen Barista Champion gegründet. Und es ist ein wirklich feiner Laden. Die Marke wird dort richtig zelebriert: Es gibt neben den klassischen Kaffeeprodukten sogar Handy-Hüllen, Tassen oder Stoff-Sackerl. Und auch die Süßspeisen sind toll. Zu erwähnen, dass der Kaffee gut war, erübrigt sich da schon fast.
"Anthrazit coffee roasters" ist ein weiteres empfehlenswertes Ziel in Seoul. Tolle Röstungen, super Equipement, sehr gute Kaffees und eine extrem rustikale Einrichtung. Diese Kombination erlebten wir dann noch in vielen anderen Cafés.
Sucht man im Internet nach Seoul und Cafés, dann kommt man schnell zu "Themed Cafés". Das Hello Kitty-Café haben wir vermieden, aber das Dong-Café wollten wir dann doch besuchen. Dong bezeichnet das, was Sie in der Toilette lassen. Das fanden die Kids natürlich schon davor lustig. Leider ist das Café selbst eine richtige Touristenfalle. Unfreundliche Bedienung, grauslicher Kaffee - das einzige das Latte Art in der Toiletten-Tasse ist außergewöhnlich. Das Dong-Café lebt wohl von den Instagram-Fotos und Web-Berichten. Es lassen sich gute Bilder schießen. Wir empfehlen Ihnen, es beim Lesen der Berichte zu lassen.
Der zweite Reinfall passierte uns, weil wir eine falschen Konnex herstellten. Wir suchten generell nach kleinen Cafés möglichst mit leidenschaftlichen Personen. Genauso hat sich das "Andys Café" angehört. Als wir reinkamen und viele Poster von Pop-Stars sahen, da dachten wir uns noch nicht so viel. Als wir dann Kaffee bestellten und es beim Angebot mehr Zuckergetränke als richtige Kaffees gab, da wurden wir schon stutzig. Und als dann zum wiederholten Male junge Frauen die Poster an den Wänden fotografierten, da begriffen wir langsam. Der Andy ist kein Kaffee-Freak sondern ein K-POP-Star. Und K-Pop-Sänger - das merkten wir schnelll - sind Heilige. So war auch das Café trotz mieserabler Qualität gut gefüllt. Wir waren schnell wieder weg und die Getränke blieben halbvoll stehen.
Besonders gespannt waren wir auf das Lokal, wo die aktuelle Barista-Weltmeisterin Jooyeon Jeon arbeitet. Das Momo's Café in Busan ist auch vom Interior sehr schön und gemütlich. Und auch der Kaffee überzeugte wirklich. Getestet haben wir einen reinsortigen Äthiopier und die Hausmischung. Der erste war unglaublich gut geröstet und zubereitet - wohl der beste Äthiopier, den wir jemals getrunken haben. Die Hausmischung war gut - aber für uns nicht so außergewöhnlich.
Der Weltmeisterpokal ist gut sichtbar. Momo's betreibt ein eigenes - von der Straße einsehbares - Lab. An diesem Vormittag hatten Sie ein öffentliches Cupping und trotz Arbeitstag waren rund 40 Verkoster um 10 Uhr Vormittag vorbeigekommen. Im Kaffeeregal steht bei jedem Kaffee eine umfassende Beschreibung (leider nur auf Koreanisch) und auch ein vorgeschlagenes Rezept für Espresso- oder Filter-Zubereitung.
Wirklich ungewöhnlich für uns war die volle Ausrichtung auf Kaffee. Im Momos gibt es keinen Tee, keine Fruchtsäfte oder irgendwelche anderen Getränke. Es gibt nur Kaffee und ein paar ausgewählte Mehlspeisen. Und das bei einem Lokal mit wohl 100 Sitzplätzen.
Im Momo's fragten wir den Barista nach Tipps für weitere Cafés. Er empfahl "WERK" und das war ein mittelverrücktes Erlebnis. Zuallererst sind wir am "WERK" vorbeigelaufen. Es ist in einer Nebenstraße, wo vorwiegend Wohnsilos sind. Nach ein paar Irrwegen standen wir dann doch davor. Normalerweise hat jedes Geschäft ein riesen Schild vor der Türe - dieses nicht. Als wir 2 Männer im Erdgeschoss durch Glasscheiben beim Röstern sahen wussten wir: Wir sind richtig!
Im Stiegenhaus angekommen wiesen die Pfeile nach unten zum Bestellen. WERK ist nicht nur vom Begriff deutsch - das gesamte Lokal ist in einem deutschen Branding. Der Bereich mit dem Bestelltresen im Keller hatte den Charme eines Versammlungssaal einer rechtsradikalen Gruppierung: Düsteres Licht, altdeutsche Schriftzeichen, und ein sehr gewöhnungsbedürftiges Logo.
Doch die große "La Marzocco" Espressomaschine zeigte uns, dass wir richtig waren. Eine Bestellung bei der super freundlichen Bedienung und der sorgfältigen Zubereitung durch das Personal später hatten wir unsere Getränke am Tablett. Jetzt folgt die zweite Überraschung ... 2 Stockwerke darüber.
Der Gastraum bestand aus einem Rohbau (mit raushängenden Kabeln). Die Gäste sitzen dort auf Kirchenbänken (wirklich!). Man sitzt dementsprechend nebeneinander und schaut auf den Gast davor. Die köstlichen Kaffees in dieser Umgebung zu trinken war skurril. Wenn man fertiggetrunken hat, stellt man das Tablett übrigens auf den Altar.
Das Konzept ist übrigens offensichtlich erfolgreich. Es war wochentags zu Mittag ziemlich voll.
Gangneung war 2018 Austragungsort mehrerer olympischer Bewerbe wie beispielsweise dem Eishockey-Turnier.
Es wir aber auch oft als die Stadt benannt, wo der Koreanische Kaffee-Boom seinen Ausgang fand. Die für koreanische verhältnisse kleine Stadt veranstaltet ein eigenes Coffee Festival.
Am besten ist die Vielfalt am Anmok Strand sichtbar. Dieser wird auch "Anmok Coffee Street" genannt. Und das bezeichnet recht gut, was sich dort befindet. Ein schöner Strand, eine Straße und rund 20 große Cafés nebeneinander. Viele davon sind drei oder vierstöckig mit "Roof-Top"-Sitzplätzen.
Hier lässt es sich als Kaffee-Fan wirklich entspannen. Zwei Lokale haben wir getestet. Kaffee war erwartungsgemäß gut und die Sitzplätze am Dach wirklich ein Hammer.
Das "Bossa nova" war das spannendere von den beiden. Für die Maschinenfans: In dem Lokal war eine brandneue Kees van der West im Einsatz und dafür stand die (offenbar vorher eingesetzte) Victoria Arduino Black Eagle unangeschlossen im Röst-Labor. Neben den klassischen Sorten wurden auch Luxus-Kaffees angeboten: Ein Panama Geisha im Filter beispielsweise für € 16 / Tasse.
Im Gegensatz zu Gangneung, sind die Lokale auf der koreanischen Haupt-Ferien-Insel eher klein. Viele Cafés haben 10 - 20 Sitzplätze. So sind wir in Segowipo über das " Play coffee lab" gestolpert - ein kleiner Laden mit 4 Tischen und dem Röstgerät direkt im Geschäft.
Das Angebot ist auf der Insel etwas dünner als in den größeren Städten. Dafür haben wir etwas entdeckt, was wir danach nciht mehr gesehen haben: Ein Cafés im Hongkong-Stil (mit Kondensmilch und keinen Espresso im Angebot).
Kaffeetechnisch muss man nicht unbedingt auf die Insel - ansonsten lohnt es sich aber schon.
Neben den vielen kleinen Läden, muss man in Korea auch die Ketten erwähnen. Starbucks ist sehr präsent und betreibt in Südkorea 17.000 (!!!) Läden. Seoul hat mehr Starbucks Outlets als jede andere Stadt der Welt. Wir haben trotzdem keinen Besuch gewagt ;-)
Interessanterweise ist auch eine italienische Kette sehr erfolgreich. Caffe Pascucci betreibt fast 500 Filialen in Korea.
Es gibt aber auch einige Koreanische Ketten mit beachtlichen Filial-Zahlen:
Dementsprechend ist die Lokal-DIchte in den Städten unglaublich.
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