Was wissen Sie von Südkorea? Der Konflikt mit Nordkorea ist Ihnen wohl ein Begriff - auch das LIed "Gangnam Style" ist wohl vielen bekannt. Das Land ist aber den meisten von uns ansonsten völlig unbekannt. Dabei gibt es - vor allem auch Kaffee-technisch - sehr viel zu entdecken.
Joo Yeon von Momos Café in Busan Südkorea ist die aktuelle Weltmeisterin der Baristas (SCA World Barista Championships). Sie ist die Speerspitze einer Nation, die eine unglaublich hohe Kaffeequalität entwickelt hat.
Wir haben das Café der Weltmeisterin und noch viele andere Kaffeehäuser in Korea besucht. Wir sind wirklich beeindruckt. Der Benchmark für viele von uns - Italien - hat eine traditionelle und verhältnismäßig uniforme Kaffeekultur. Korea dagegen bietet eine moderne Form der Kaffee-Hochkultur. Einen tollen Espresso und Cappuccino bekommen Sie dort auch, aber es gibt noch viel mehr.
Koreaner trinken sehr viel Kaffee auswärts. In Städten wie Wien, Zürich oder München frägt man besser vorher das Internet, wie der Kaffee in einem Lokal schmeckt bzw wo sich das nächste empfehlenswerte Café befindet. Den Aufwand können Sie sich in Koreanischen Städten sparen. Spazieren Sie einfach nur durch eine Straße und jedes fünfte Geschäft wird Kaffee anbieten. Und ziemlich sicher finden Sie auch schnell eines dass selber röstet oder zumindest sehr viel Aufwand für Kaffeequalität treibt.
Südkorea ist das Land mit der größten Kleinrösterdichte. Seoul hat auch eine höhere Café-Dichte wie beispielsweise das für Kaffee bekannte Seattle.
Viele der von uns probierten Cafés haben wir auch einfach durch Zufall gefunden. Aufgrund der Vielzahl an guten Angeboten ist es wohl auch unmöglich eine Coffee Map für Seoul. Busan usw zu erstellen. Es gibt in diesen Städten eigene Straßen mit hunderten Metern Länge, die als Coffee Streets gekennzeichnet sind.
Wir haben erwartet, dass Filterkaffee eine große Rolle spielt. Es ist aber nicht so dominant wie erwartet, sondern Sie bekommen in fast jedem Café mehrere Zubereitungsvarianten.
In Südkorea bekommen Sie fast überall:
Was uns komplett überraschte, ist die Beliebtheit von kalten Kaffeegetränken. Jedes Kaffeegetränk kann hot oder iced bestellt werden: Americano, Cappuccino, Drip,... Vor allem die junge Generation genießt Kaffee zu einem großen Teil kalt!
Sie wollen die besten Espressomaschinen im Live-Betrieb sehen? Dann machen Sie eine Café-Tour in Korea! Das Beste ist offensichtlich gerade gut genug: Kees van der West, Synesso, Slayer, La Marzocco, BFC, Elektra, Nuovo Simonelli, uvm haben wir im Einsatz gesehen.
Die Koreaner begnügen sich nicht wie unsere Gastronomen mit verlässlichen Zweikreisern. Die Top-Range mit der besten Präzision und allen Einstellmöglichkeiten muss es sein. Und wir haben auch einige Male erlebt, dass die Möglichkeiten auch wirklich gut genutzt wurden.
Eine Herausforderung der MItteleuropäischen Third Wave Fraktion ist ja, dass der Espresso zu sauer für den Geschmack vieler ist. Die Koreaner bekommen das oft besser hin. Wir haben viele Kaffees getrunken, die zwar noch eine tolle Fruchtigkeit hatten und eine sehr milde Säure.
Koreaner sind bekannt für strenge Hirarchien und eine genaue Arbeitszuteilung. Das ist auch in vielen Cafés der Fall. Ein "Head Barista" überwacht oft die passende Zubereitung und alle Einstellungen. In einem Café erlebten wir dass es zwei Angestellte gab, aber für jede Bestellung der Besitzer geholt wurde, damit der den Kaffee zubereitet.
Einige Röster bezeichnen sich als Lab bzw betreiben ein eigenes Lab. Sie probieren dort genau die passenden Rezepte aus. Das mag auch mal Teil des Marketings sein. Wir erlebten aber dann in der Zubereitung, dass sehr oft trotz Mengendosierung der Mühle die Menge trotzdem nochmal mit Waage kontrolliert wurde. Es wird ordentlich getampt und sauber gearbeitet. Der Zufall in der Zubereitung wird stark reduziert.
Bei rund 25 Café-Besuchen haben wir einmal erlebt, dass die Zubereitung nicht ordentlich gemacht wurde. In unseren Breiten ist der Querschnitt wohl eher umgekehrt.
Qualität hat seinen Preis. Wir haben in Korea manchmal gleich viel für das Essen bezahlt wie für eine Café-Besuch. Ein Espresso in einem normalen Café kostet rund € 3. Der Preis für Kaffeegetränke kann aber auch schonmal € 5 betragen.
Auch bei den Bohnen sind die Preise höher als bei uns. 250g von "Hausmischungen" kosten schnell einmal € 15. Spezialsorten sind dann natürlich noch teurer.
Der Kaffee-Boom in Korea ist erst rund 10 Jahre alt. Und gleich am Anfang wurde ein hoher Preislevel gesetzt, sodass eine gute Marge erzielt wird. In letzter Zeit gibt es aber auch vermehrt Anbieter, die günstigere Preise anbieten. Dies wird den Markt sicher verändern und viele Cafés werden so mittelfristig auch nicht überleben können. Es bleibt also spannend, wie sich die Kaffee-Szene in Korea in den nächsten Jahren entwickelt.
Der Kaffee in Südkorea ist im Durchschnitt viel besser als der Kaffee bei uns. Das müssen wir leider sagen. Und das "leider" ist kein Neid, sondern eher Frustration, weil wir gesehen haben, dass es auch in der Breite viel besser gehen würde.
Wir arbeiten kontinuierlich daran, auch bei uns besseren Kaffee zu verbreiten. Als kleinen Trost möchten wir aber auch noch etwas erwähnen, was bei uns besser ist. Das ist das "Haus" im Kaffeehaus. Die Räumlichkeiten unserer Cafés sind meist stilvoller und schöner.
Wenn Sie die Möglichkeit haben: Besuchen Sie doch selbst mal Südkorea und erleben Sie die Kaffeekultur dort. Das kann eine Reise durchs Land sein oder auch ein Stop-Over in Seoul - Korean Air ist ja auch eine sehr tolle Airline.
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