Wir haben bereits 2018 einen Kaffeebericht zu Berlin verfasst. Dies war aber nur ein kleiner Einblick in die starke Specialty Coffee Szene Berlins. Vor wenigen Tagen hat Raffael Berlin besucht und möchte mit diesem Beitrag ein „Update“ zu Berlins Kaffeeszene geben.
Um das überwältigende Angebot an Cafés zu überblicken, nutzten wir die App „European Coffee Trip“. Insgesamt 76 Specialty Coffee Shops findet man hier innerhalb Berlins, sechs davon haben wir besucht. Diese App ist unbedingt zu empfehlen, für jede größere Stadt Europas findet man hier einige Vorschläge.
Auf Google-Bewertungen haben wir nicht zu stark geachtet, diese sind bei manchen Cafés zu Unrecht schlecht. Die häufigsten Kritikpunkte waren: zu teuer, englischsprachige Hipster-Barista, keine Milch im Filterkaffee, keine Barzahlung möglich, ungemütlich.
Einige Worte zu diesen Punkten: Die Preise waren niedriger als erwartet, ein Flat White kostete in den Cafés zwischen 3,60€ und 3,80€ (wobei die verwendeten Bohnen 30-60€ pro kg kosteten!). Damit ist man unter dem österreichischen Preisniveau. Englisch ist in den meisten Cafés tatsächlich Standard, für uns war dies aber nicht störend. Milch im Filterkaffee tut einem im Herzen weh. Wenn der Gast dies wünscht, sollte man ihn aber trotzdem so servieren- richtig und falsch gibt es hier nicht. Anscheinend wird dies von manchen Baristas nicht so gemacht und Milch wird schlichtweg „verboten“. Barzahlung ist in den meisten der Cafés nicht möglich. Ungemütlich waren manche der Cafés, oft gibt es nur Sessel ohne Rückenlehne.
The Barn ist eine größere Kette mit fünf Standorten in Berlin. Diese Filiale liegt direkt am Kurfürstendamm, am Standort des ehemaligen Café Kranzler. Die Ursprünge dieses historischen Cafés reichen bis 1825 zurück, 1999 musste es zusperren. Die ehemaligen Stammkunden sind über das neue „Hipstercafé“ empört und vermissen die berühmten „Sahnetörtchen“. Lediglich die charakteristische rot-weiß gestreifte Markise und der Schriftzug blieben vom alten Café Kranzler erhalten.
Der Preis für einen Flat White und einen Handbrew war mit 9,80€ für Berlin leicht überdurchschnittlich. WC gibt es keines, die Sitzgelegenheiten sind teilweise ungemütlich (auch die großen Stufen werden als Sitzplätze genutzt). Nur Kartenzahlung möglich, Wartezeit von knapp 10 Minuten. Aufgrund der zentralen Lage ist das Café vermutlich meist sehr voll.
Bei der Kaffeezubereitung war man sehr genau- die Kaffeeportionen werden einzeln abgewogen. Der Flat White war etwas zu heiß, aber geschmacklich sehr gut. Auch der Filterkaffee (Ruanda, washed) war überzeugend. Für einen Kaffee zwischendurch bei der Shoppingtour ist The Barn auf jeden Fall zu empfehlen, zum Verweilen lädt die Atmosphäre allerdings nicht unbedingt ein.
Die Röststätte ist ein Café mit eigener Rösterei am Hackeschen Markt, nahe am Alexanderplatz. Hier gab es nur einen Espresso für zwischendurch (2,30€). Sitzplätze waren keine mehr frei, auch die Baristas wirkten gestresst. Der Espresso war gut, aber nicht überwältigend.
Bonanza hat mittlerweile mehrere Standorte in Berlin. Wir besuchten die Stammfiliale, die bereits 2006 eröffnet wurde. Sie ist ruhig gelegen und sehr stilvoll eingerichtet. Die Rösterei ist direkt hinter dem Café. Für Gäste, die ihr Home-Office im Café verbringen wollen, sind Sitzplätze mit Steckdosen ausgestattet. Andere Tische laden zum gemütlichen Beisammensitzen ein.
Wir bestellten einen Flat White einen Filterkaffee (Batch Brew). Der Preis dafür waren sehr faire 7,60€. Der Flat White war für mich einer der besten, die ich je hatte. Ein Päckchen dieses Kaffees (Sitio Vargem Grande Brazil) musste ich unbedingt mitnehmen. Geschmacklich erinnerte er an Marille, Marzipan und Toffee. Auch der Filterkaffee war sehr gut!
Dieses Café kann ich uneingeschränkt empfehlen, bei meinem nächsten Aufenthalt in Berlin werde ich es bestimmt wieder besuchen.
Ein gemütliches Café, in dem man auch frühstücken kann. Es werden Bowls, Kuchen und auch einige warme Gerichte angeboten. Der Flat White war hier mit 3,60€ am günstigsten und sehr gut. Vom V60 war ich weniger überzeugt, geschmacklich war dieser okay aber nicht besonders spannend.
Coffee Circle hat drei Standorte in Berlin und betreibt einen Onlineshop, in dem deren Kaffees und diverses Zubehör verkauft werden. Das Café hat genügend Sitzmöglichkeiten. Das Equipment war mit Mazzer Mühlen und einer Speedster Maschine vom Standard abweichend. Auch hier bekamen wir einen Flat White um 3,60€. Batch Brew ist bei Coffee Circle besonders günstig: 3€ pro Tasse, mit der Möglichkeit sie um 1,50€ erneut auffüllen zu lassen. Im Café kann man neben den hauseigenen Röstungen auch diverses Zubehör kaufen. Die Kaffees waren beide gut, können aber mit zB Bonanza nicht mithalten. Störend war die Lautstärke, es war zum Zeitpunkt unseres Besuchs sehr viel los.
Stilvoll eingerichtetes, gemütliches, kleines Café. Die Preise waren hier am höchsten, der Kaffee dafür ausgezeichnet (sowohl Filter als auch Flat White). Die Musik im Café war etwas störend, dies ist aber Ansichtssache. Insgesamt eine absolute Empfehlung!
Die meisten Cafés sind sehr gut besucht, es ist also zu empfehlen, wenn möglich nicht genau zu den Stoßzeiten zu kommen. Wann diese sind, lässt sich mit Google Maps ermitteln.
Kaffeetechnisch wird Großteils auf Single Origin mit hellem Röstgrad gesetzt. Fans von italienischen Röstungen könnten hier etwas enttäuscht werden. Geschmackstechnisch waren alle Kaffees gut, es waren aber deutliche Unterschiede zwischen den Cafés erkennbar. Als Fan von Filterkaffee kommt man in allen genannten Cafés auf seine Kosten- auch in den größeren Cafés wird Kaffee frisch aus der V60 angeboten. Das Equipment ist in den meisten Cafés relativ ident: Nuova Simonelli Mythos Mühlen und La Marzocco Maschinen. Für das Mahlen von Filterkaffee wird zumeist eine Mahlkönig EK43 verwendet.
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